Verdiente Ruhe
Müde und zufrieden trotten Gilthas und Dimble aus den Stallungen und lassen den Vierbeinern ihre Ruhe. Es dauert nicht lange und alle Gefährten sind tief im Schlaf versunken, in ihren warmen Betten in der Dilwycher Grombir, während draußen leise der dicke Schneefall die Straßen von Cryllor unter einer weißen Decke versteckt. Nusper schuat noch einmal zum Fenster hinaus, bevor auch er unter die Decke krabbelt und schlummert.
Die Gedanken die Kognoskula durch den Kopf gehen sind ein heilloses Durcheinander: Schon wandelt sie neben Ishu dem Betrachterling in ihren Träumen durch die Bibliothek von Kaggash, stöbernd und lesend. Das Portal ist wie selbstverständlich hinter ihr, eine ruhige Vortex. Doch dann sieht sie durch das Portal auf der anderen Seite den Umriss einer fremden Person mit wehendem Mantel und mit Kapuze. Obwohl sie seine Augen nicht sieht, spürt sie seine Blicke auf sich lasten. Die Halblingsdame schreckt auf und legt sich auf die Seite. Nach Ishus Erklärungen muss es sich etwa so ereignet haben.
Dimbles Traum führt in nicht aus seinem Bett heraus. Er glaubt aufzuwachen und sieht anstatt dem Teufelshuf eine pochendes, blutendes Kinderherz um seinen Hals hängen. Der Boden seines Zimmers weicht zurück und lässt ihn auf seinem Bett über einem rauchenden, roten Inferno sitzen. Er bekommt Angst. Doch mit einem Wiehern aus der Ferne verschwindet die Vision des lebenden Herzens und eine Schar Eichhörnchen bringt den Boden unter dem Bett zurück. Der Gnom schläft ruhig und entspannt weiter.
Gilthas' Geist verarbeitet die Ereignisse des Tages auf sonderbare Weise: Er steht vor seinem Schrank und öffnet ihn nur um den Anschein einer anderen Person herauszunehmen. Obwohl dies an sein schreckliches Erlebnis mit dem Geist aus den Katakomben erinnert, hat er keine Angst, eine Brise, welche nach Wald duftet lässt ihn seine Angst vergessen. Mit schnappenden Skorpionsklauen geht er geradewegs in die Wohnung von Fürst Rupert, keiner kann ihn aufhalten. Doch da schnurrt eine Katze und seine Gedanken schweifen zum Knüpfen eines Fischernetzes ab...
Boldrans Schlaf gleicht einem Stackato aus Angsmomenten um seine Gefährten und Augenblicken der Beruhigung. All die tödlichen Gefahren denen seine Schützlinge heute ausgesetzt waren fliegen durch das offene Fenster wie ein Schneesturm herein und schmelzen dann unter den beruhigenden Worten seines Sohnes dahin: Thordin unter Knüppeln, Gilthas in den Fängen des Skorpions, Gilthas im Angesicht des Schurkenbosses und wiederum in der Hand eines verzweifelten Geistes - dem Boldran die Hand reicht, Gilthas und Xiara halb tot in einem Loch in den Katakomben unter dem Haus am Hafen. Cryllor in den Händen desintegrierender Fleischbälle, Augenstränge überall, Betrachterlinge und Augenballschwärme... Das Ende seine Traumphase bezeichnet eine Wiederholung seiner Vision von Hornschmetter die Dämonische Figur auf seinem Thron aus Knochen am Ende der Straße welche mit Totenschädeln gepflastert ist.
Burth bekommt in dieser Nacht noch einige neue graue Haare. Die Sorgen des Tages durchstreifen seine Träume: Die Bitte Vater Soltars nach dem Häuserstreit zu schauen, die Mysterien um die Krankheitsfälle, der inszenierte Überfall am Hafen mit der scheinbar doppelt-geblufften Schuldzuweisung, das Schiff der Rhola dessen Beladung den Ort des Geschehens blockierte, das Wappen der Neheli, die gefundenen Schlüssel. Darüberhinaus der Tod von Riggby dem Patriarchen, einem Bollwerk des Guten in dieser Welt. Die Erlebnisse in Kaggash streifen seine Träume nur entfernt, so unwirklich erscheinen sie dem Priester selbst im Traume. Doch in all diesen Bildern erspäht der Peloraner aus den Augenwinkeln eine düstere Figur, drahtziehend im Hintergrund. Mit klappernden Holzmünzen in den Händen.
Thordins Sorgen um Ilbidle eröffnen seine Träume, inmitten seines persönlichen Arbeitszimmer sieht er ihn stehen, als Steinstatue, umschwebt von Betrachtern. Doch er muss hinaus in den Innenhof, er muss sich zu einem Haus bekennen! Dem großen Namen Schwarzbart unter Erimbor den Rücken kehren und einer machthungrigen Menschenfamilie zuarbeiten? Niemals! Doch etwas anderes lässt Thordin keine Ruhe: So sehr ihn die Ereignisse des Tages durch seine Träume peitschen, er ist kurz vor dem Ziel eines langen Forschungsprojektes und seine arkanen Studien sind quasi beendet. Die letzte notwendige Einsicht scheint greifbar nahe...
Blendend reflektiert die glitzernde Schneedecke die aufgehende Morgensonne, der Morgen bricht an und die ersten schweren Schritte bahnen sich ihren Weg durch den Schnee auf Cryllors Straßen.