Re: Am Tisch der Lords im Grünen Drachen
Boldran holt tief Luft, sie schmeckt süß vom Weidekraut. Er schaut sich um, was für ein herrlicher Sommertag. Die Pflanzen verströmten einen aromatischen Duft, ein paar Vöglein zwitscherten unbekümmert vor sich hin, der Alte genoss die Ruhe und wars zufrieden.
Verlegen schaut er zur Seite, fühlt sich ertappt, doch seine Frau strahlt ihn an, sichtlich erfreut, ob der Ruhe und Zufriedenheit ihres Mannes. Ein leises Quäken und Glucksen ist zu hören und Boldrans Frau beginnt wieder damit, vorsichtig das Neugeborene in ihren Armen hin und her zu wiegen. Schliesslich ist der Kleine wieder eingeschlafen.
"Ob er wohl ein Bauer und Farmer wird, wie sein alter Herr?"
"Mit Sicherheit, und wenn nicht das, dann vielleicht Bürgermeister unserer Siedlung."
"Ha! Meine Ahnen würden das nie zulassen, wir blicken auf eine lange Reihe von stolzen Bauern zurück. Felder zu bewirtschaften ist das, was wir gut können, aber Bürgermeister zu sein, mit den hohen Herrschaften zu verkehren, nein, niemals."
Beide schauen sich an und beginnen gleichzeitig zu lachen, nur um schnell wieder zu verstummen, damit das Baby nicht geweckt wird.
"Schau dir dieses schöne Land an, es verdient, sorgfältig bewirtschaftet zu werden und das ist, wofür ich lebe, meinst du nicht auch, Liebste?"
Boldran dreht sich um. Seine Frau hatte sich ein paar Schritte von ihm entfernt, seltsam grau war alles geworden und unmittelbar vor ihm stand ein Weidenkörbchen.
"Mein Sohn?!"
Boldran stutzt. "Mein schatz? Was ist los? Wohin willst du?"
Sie winkt ihm zu, noch ein Stückchen weiter entfernt als bereits zuvor, stumm, einsam.
"Bitte bleib!" Der Alte rennt los, dreht wieder um und greift hektisch nach dem Körbchen. Als er erneut zu laufen beginnt, ist sein Weib noch weiter weg.
"Nein!" Er streckt die Hand nach ihr aus und beginnt zu laufen.
Ein leises Flüstern ist in der plötzlichen unwirklichen Stille zu vernehmen:"Pass gut auf ihn auf, er ist dein Sohn und deine Familie, ich muss euch jetzt verlassen."
"Nein, bleib.!"
Langsam verblasst das Antlitz seiner Frau, alles um ihn herum wird zusehends unwirklicher und grauer. Boldran beginnt jetzt zu rennen.
"Nein!"
"Vergiss mich nicht!"
"Nein!"
Dann ist sie fort.
"NEIN!" Mit einem kleinen Schrei wacht er auf, es ist spät in der Nacht, der Morgen noch einige Stunden entfernt. Sein Sohn steht am Fenster und späht hinaus in die Nacht. "Nur ein Alptraum, Vater, nur ein Alptraum, und es tut mir leid. Schlafe jetzt, ich werde wachen."
Der Alte nickt, versichert sich, daß Kaleb wohlauf ist und dreht sich wieder um. Er würde eh nichts ändern können, was nützte das Hadern oder gar ein Grollen, es war jetzt Schlafenszeit, sofern ihn die Götter liessen.